Landkreis Regen unterzeichnet Kooperationsvertrag mit bayerischen und tschechischen Nachbarn.
Bayerisch Eisenstein. Seit 11. Juni können Einheimische und Feriengäste ein einziges ÖPNV-Tagesticket nutzen, um mit Bus und Bahn in den Landkreisen Regen, Cham und Freyung-Grafenau sowie in den westlichen Bereichen der tschechischen Bezirke Pilsen und Südböhmen unterwegs zu sein. Ein Kooperationsvertrag, der an geschichtsträchtigem Ort am Grenzbahnhof Bayerisch Eisenstein feierlich unterzeichnet wurde, macht das möglich.
„Die Fahrgäste kaufen sich nur noch ein Ticket – egal, ob in den Bezirken Pilsen und Südböhmen, in den Landkreisen Cham, Freyung-Grafenau oder Regen. Über 400 Verkehrsverbindungen können damit genutzt werden“, fasste Landrätin Rita Röhrl die Neuerung im ÖPNV in der Grenzregion zusammen. Dafür war ein Kooperationsvertrag zur gegenseitigem Anerkennung von Fahrscheinangeboten notwendig. Zu dessen Unterzeichnung am Grenzbahnhof begrüßte die Regener Landrätin Vertreterinnen und Vertreter der beteiligten Verkehrsverbünde und Regionen, einschließlich vieler Gemeinden, die das Vorhaben unterstützt hatten. Neben Rita Röhrl setzten ihre Unterschrift feierlich unter den Vertrag: Rudolf Špoták und Pavel Čížek, Hauptmann bzw. stellvertretender Hauptmann des Bezirks Pilsen, František Talíř, stellvertretender Hauptmann des Bezirks Südböhmen, Franz Löffler und Sebastian Gruber, Landräte von Cham und Freyung-Grafenau sowie Johannes Baumgartner, Sprecher der Verkehrsgemeinschaft Cham (VLC) und Michael Karmainski, Sprecher Bayerwald-Ticket.
Im Vorfeld der Unterzeichnung wurden auf bayerischer Seite das VLC-Tagesticket im Landkreis Cham sowie das Bayerwald-Ticket in den Landkreisen Freyung-Grafenau und Regen miteinander zum Bayerwald-Tagesticket verschmolzen. Mit diesem Tagesfahrschein können 200 Bus- und Bahnverbindungen in den drei Landkreisen genutzt werden. In den Bezirken Pilsen und Südböhmen bestanden bereits das TUPL-Tagesticket bzw. das JIKORD-Tagesticket mit Gültigkeit jeweils für den gesamten Bezirk.
Im nächsten Schritt wurden die drei Tagesticket-Varianten jeweils mit einem Länderzuschlag versehen. Fahrgäste, die Unternehmungen im Nachbarland machen wollen, müssen jetzt an der Landesgrenze kein neues Ticket mehr kaufen. Stattdessen erwerben sie das Tagesticket mit dem „Plus“. Das sind im Bayerischen Wald das Bayerwald-Tagesticket+CZ für 17 Euro, in Pilsen das TUPL+B und in Südböhmen das JIKORD+B. Für die Fahrgäste werden damit wesentliche Zugangshemmnisse beseitigt: Beim Fahrscheinkauf gibt es keine Sprachbarriere mehr und Kleingeld in der Fremdwährung ist ebenfalls nicht mehr nötig. Zusätzlich profitieren auch Touristinnen und Touristen, denn der Geltungsbereich für die GUTi-Gästekarte wurde ebenfalls erweitert: Er entspricht jetzt dem Bayerwald-Tagesticket+CZ.
Bis diese pragmatische Lösung umgesetzt werden konnte, musste hinter den Kulissen viel administrative Vorarbeit geleistet werden. Wegen einer Vielzahl von unterschiedlich strukturierten und finanzierten Verkehrsunternehmen sowie unterschiedlich großen Verbünden war gerade auf bayerischer Seite viel Abstimmung nötig. Bevor Bayerwald-Ticket-Sprecher Michael Karmainski den Kooperationsvertrag als erster unterzeichnete, gab er offen zu: „Wenn mir vor einem Jahr jemand gesagt hätte, dass ich heute zur Unterschrift für dieses historische Produkt schreite – ich hätte gesagt: Nein, das schaffen wir nicht.“ Dass es trotz großer Herausforderungen wie der Energiepreisexplosion gelungen sei, zeige das große Commitment aller Beteiligten. Auch Rita Röhrl hob diese Leistung hervor: „Wir von der politischen Seite haben das unterstützt. Aber die Arbeit haben unsere Leute in den Verkehrsverbünden und Landratsämtern gemacht. Und es waren dicke Bretter, die gebohrt werden mussten.“ Gleichzeitig könne man auch sehen: „Die kleine Politik kann sehr viel verändern, wenn sie sich einig ist.“
Diese Einigkeit war in den Grußworten der Redner immer wieder spürbar. So betonten František Talíř und Pavel Čížek die historische Tragweite und zwischenmenschliche Bedeutung der grenzübergreifenden Kooperation. Rudolf Špoták erinnerte an die Zeit des Eisernen Vorhangs und verwies darauf, dass die Grenze mittlerweile kaum mehr spürbar sei. „Dies ist heute erneut ein historischer Augenblick, denn wir haben eine weitere Mauer niedergerissen.“ Franz Löffler verwies darauf, dass man von den Bayerwald-Landkreisen zwar mit einem einzigen Ticket bis nach Hamburg habe fahren können, aber nicht die 30 km bis ins Nachbarland. „Diesen Vergleich muss man aufzeigen, wenn man die Bedeutung des heutigen Tages ermessen will.“ Wie Löffler und Röhrl bat auch Sebastian Gruber eindringlich darum, dass Einheimische wie Touristen von der neuen Möglichkeit des grenzüberschreitenden Reisens Gebrauch machen: „Gerade für die einheimische Bevölkerung ist wichtig, dass wir uns in diesem gemeinsamen Kulturraum und in unserer gemeinsamen Heimat auch bewegen.“
Mehr Informationen zur bayerisch-tschechischen Fahrscheinkooperation finden Sie hier.